Harald Mielke, Diplom Biologe  

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„Mit dem VW-Porsche zu Abtauchen“

  Insgeheim hatte ich Erhard, einen langjährigen Freund der Familie, schon immer beneidet. Über Mantas und Hammerhaie konnte er nach seinen Fahrten rund ums Mittelmeer zwar nicht berichten, aber allein die Tatsache, dass er sich dort intensiv dem Tauchsport hingab, setzte mich in helle Begeisterung. Schließlich hatte ich in diesen Jahren keinen Hass- oder Cousteau-Film im Fernsehen ausgelassen. So gab es also keine Sekunde Zögern, als er mich eines Tages im Jahr 1981 zum ersten Tauchgang mit ins Schwimmbad nahm. Stets großzügig überließ er mir auch anschließend immer wieder seine Ausrüstung für meine ersten Unterwassertouren ans Mittelmeer. Und entsprechend groß ist auch heute noch mein Dank an ihn.

Noch ziemlich naiv und ohne offizielle Ausbildung fanden so meine ersten (Solo-) Tauchgänge in Griechenland statt, was damals im übrigen noch strengstens verboten war. In den folgenden Jahren wurden Jugoslawien und Elba betaucht, und zwar immer nach dem gleichen Muster: Flasche auf den Rücken, Bleigurt umgeschnallt und rein ins Vergnügen. Erst Jahre später bin ich dann über Sinn und Funktion des damals noch üblichen Klodeckels und des Tiefenmessers aufmerksam gemacht worden. Dinge, die ich bis dahin noch überhaupt nicht kannte. Für mich galt als Tiefenlimit die erste Sprungschicht, unter der es einfach unerträglich kalt war. Solcher Leichtsinn erscheint bei den heutigen Sicherheitsstandards geradezu unglaublich... Schließlich unterzog ich mich 1986 dann aber doch noch einer intensiven Ausbildung, wahrscheinlich mit mehr absolvierten Tauchgängen als so mancher von den Übungsleitern.

 

Parallel zu meinem auch damals schon sehr ausgeprägten Fernweh absolvierte ich in diesen Jahren mein Biologiestudium, was nicht zuletzt auch meinen Blick für die Zusammenhänge im Tier- und Pflanzenreich massiv geschult hat. Der Drang Länder und Natur fotografisch zu dokumentieren, führte bald dazu, dass neben meinen verschiedenen „Landkameras“ auch das erste Unterwassergerät angeschafft wurde. Die bei Studenten notorische Finanzknappheit erlaubte aber nur den Erwerb einer Minolta Weathermatic Pocketkamera, Second Hand natürlich. Entsprechend unbefriedigend waren auch die Ergebnisse, die ich von meinen ersten Reisen ans Rote Meer und in die Karibik mit nach Hause brachte. Auch wenn ich das offizielles Tiefenlimit von 5m stets verdoppelte, so waren doch richtige Tiefen mit diesem Spielzeug nicht möglich. Also weg damit und her mit der auch damals schon leicht antiquierten Nikonos III. Nach (unmöglichen) Versuchen mit Stabblitz und auszuwechselnden Blitzbirnen die Unterwasserwelt am Ras Muhammad zu erhellen, war auch dieses Gerät schnell gegen einen Marine Solar Blitz ausgetauscht, der mir auch heute noch im Makrobereich gute Dienste leistet. Um den allen Unterwasserfotografen nur zu bekannten Missstand, nämlich immer das falsche Objektiv aufgeschraubt zu haben, zu begegnen, folgte schon bald eine Nikonos V hinzu. Mit zwei Kameras behängt wie ein Weihnachtsbaum, war ich fortan nicht mehr gezwungen, entweder das Auge eines Haies mit dem Makroobjektiv oder die filigranen Nacktschnecken mit dem Weitwinkel abzulichten. Seit einiger Zeit komplettiert sich meine Sammlung noch durch den Erwerb einer Canon 50e im UW-Gehäuse mit Ikelite-Blitz.

Ausgerüstet für alle Situationen Über- wie Unterwasser starte ich alsdann meinen (hoffnungslosen) Wettlauf gegen die Zeit, alle Länder der Erde fotografisch zu dokumentieren. Egal ob Malediven, Südafrika, USA, Jemen oder Mauritius und Costa Rica - um nur einige zu nennen - alle wurden intensivst mit den Kameras bearbeitet. Was beinahe zwangsläufig folgte, war eine Karriere als Reisender in Sachen Dia-Shows, die mich seit 1989 durch zahllose Vortragssäle im süddeutschen und österreichischen Raum führt. Stets ist es mein Ziel, mit meinen beinahe 30 ausgearbeiteten Live-Dia-Shows das Leben und die Natur der bereisten Länder aus der Über- und Unterwasserperspektive zu zeigen. Einen reinen Tauchervortrag über das Rote Meer oder die Malediven ohne die landschaftlichen Superlativen oberhalb der Wasserlinie wird es deshalb auch nie geben. Mittlerweile hat sich so ein 60 000 Dias umfassendes Archiv angesammelt, aus dem sich auch einige große Bildarchive und Redaktionen regelmäßig bedienen. Als recht vielversprechend erwiesen sich die ersten Versuche sich mit der fotografierenden Konkurrenz zu messen. Das Engagement in zahlreichen deutschen und internationalen Wettbewerben wurde mit etlichen ersten, zweiten und dritten Preisen honoriert.

Regelmäßige Bildreportagen, produziert für zahlreiche Reise-, Natur- und Tauchermagazine, lassen einem die Zeit nicht lang werden. Und so hat sich das Fotografieren und Tauchen gepaart mit einer gehörigen Portion Reisefieber mittlerweile längst zu meinem Beruf entwickelt. Ein Arbeitsfeld, das mir in den letzten Jahren allerdings leider auch immer weniger Freiraum für andere Aktivitäten lässt. Nur Dank Trudy, meinem Herzblatt, lässt sich dieses Pensum überhaupt noch bewältigen. 

 

Und der VW-Porsche, der 914er? Ja, der begleitet mich nun bereits im 22. Jahr durch die Sommermonate meiner oberbayrischen Heimat – sofern ich mich denn gerade dort und nicht auf den Kapverdischen Inseln oder in Jordanien aufhalte. Natürlich hat dieser Wagen, der heute in meiner Garage steht, mit demjenigen aus 1980 nicht mehr viel gemeinsam. Parallelen entdecke ich regelmäßig nur noch hinsichtlich des gesunden Durstes und der nur relativen Zuverlässigkeit. Aber egal, wie bockig er sich auch gerade darstellt, entgültig abgeworfen hat er mich noch nicht, sodass uns hoffentlich noch viele gemeinsame Jahre bleiben. Schließlich will man ja zu den regelmäßig veranstalteten Jahresausfahrten auch standesgemäß erscheinen.

Euer Harald